Der Fall:
Die 97-jährige demenzkranke und pflegebedürftige Beklagte ist eine langjährige Mieterin zweier Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus. Eine Dreizimmerwohnung bewohnt sie selbst. Eine Einzimmerwohnung wird von ihrem (ebenfalls beklagten) Betreuer bewohnt, der sie ganztägig pflegt. Im Jahr 2015 äußerte der Betreuer in mehreren Schreiben an die Hausverwaltung grobe Beleidigungen gegenüber der Vermieterin. Die Vermieterin sprach daraufhin die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1 BGB aus. 

Der BGH hat das Berufungsurteil, das der Vermieterin Recht gab, aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidungsgründe:
Zu den bei der Gesamtabwägung einer nach der Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB erklärten fristlosen Kündigung zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls, gehören ohne weiteres auch schwerwiegende persönliche Härtegründe auf Seiten des Mieters.

Denn § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB schreibt ausdrücklich eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vor. Die Abwägung auf bestimmte Gesichtspunkte zu beschränken und deren Berücksichtigung - wie das Berufungsgericht - auf das Vollstreckungsverfahren zu verschieben, verbietet sich mithin bereits aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung. Bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr sind die Gerichte zudem verfassungsrechtlich gehalten, ihre Entscheidung auf eine tragfähige Grundlage zu stellen und diesen Gefahren bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen hinreichend Rechnung zu tragen. Das kann bei der Gesamtabwägung nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Folge haben - was vom Gericht im Einzelfall zu prüfen ist -, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung wegen besonders schwerwiegender persönlicher Härtegründe auf Seiten des Mieters trotz seiner erheblichen Pflichtverletzung nicht vorliegt

BGH, Urteil vom 09.11.2016, VIII ZR 73/16
Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 9.11.2016, Nr. 201/2016

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