Wohnungseigentumsrecht

Wird ein nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes gefasster Abrechnungsbeschluss gemäß § 28 Abs. 2 WEG mit dem Ziel angefochten,
den Beschluss insgesamt für ungültig erklären zu lassen, bemisst sich der Streitwert grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Jahresabrechnung. Das für die Berechnung
der Grenzen des § 49 Satz 2 GKG maßgebliche Individualinteresse des Klägers entspricht seinem Anteil am Nennbetrag der Abrechnung (Fortführung von Senat, Beschluss vom 9. Februar 2017 - V ZR 188/16, ZWE 2017, 331 Rn. 8 ff.).

 

Durch die Reform des Wohnungseigentumsrechts hat sich der Beschlussgegenstand geändert, was zu einer Frage nach der Bemessung des Streitwerts führte.

Während nach bisherigem Recht die Jahresabrechnung genehmigt wurde (§ 28 Abs. 5 WEG aF), soll die Jahresabrechnung nach neuem Recht nur der Vorbereitung des Beschlusses über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse dienen. Dies ändert aber nach der Auffassung des BGH nichts daran, dass auch unter der Geltung des neuen Rechts das Interesse der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung darin besteht, die tatsächlich angefallenen Kosten vollständig auf alle Wohnungseigentümer zu verteilen. Ihnen geht es deshalb nur vordergründig um die Abrechnungsspitze. Diese stellt lediglich das Rechenergebnis aus den einzelnen Abrechnungspositionen dar. Um die Richtigkeit der beschlossenen Zahlungsverpflichtungen beurteilen zu können, muss die Jahresabrechnung inzident geprüft werden. Dies kann bei der Streitwertfestsetzung nicht unberücksichtigt bleiben.


Etwas anderes ergibt sich nach weiteren Ausführungen auch nicht daraus, dass der auf der Grundlage einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 WEG gefasste Beschluss anspruchsbegründende Wirkung nur im Hinblick auf die Abrechnungsspitze hat. Insoweit ist nämlich keine Änderung gegenüber dem bisherigen Recht erfolgt.
Auch wenn die Wohnungseigentümer eine Jahresabrechnung durch Beschluss genehmigt hatten, wirkte ein solcher Beschluss nur hinsichtlich der Abrechnungsspitze anspruchsbegründend, d.h. nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse überstieg. Nur deren Berechnung konnte nach Eintritt der Bestandskraft nicht mehr infrage gestellt werden. Dies hatte jedoch nicht zur Folge, dass sich der Streitwert nur nach den Abrechnungsspitzen richtete. Vielmehr hat der Senat unter Berücksichtigung dieser eingeschränkten Wirkung eines Genehmigungsbeschlusses nach bisherigem Recht den Streitwert nach dem vollen Nennbetrag der Abrechnung bemessen. Hierdurch wurde das Gesamtinteresse der Wohnungseigentümer an dem Genehmigungsbeschluss zutreffend beschrieben. Entsprechendes gilt auch unter der Geltung des § 28 Abs. 2 WEG.

 

BGH, Urteil vom 24. Februar 2023 - V ZR 152/22 - LG München I
AG Lindau (Bodensee)

https://www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/entscheidungen_node.html 

Einspieldatum: 15. Juni 2023

 

 

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümerin, verlangte von den Beklagten, anderen Wohnungseigentümern, es zu unterlassen, Kameras zur Videoüberwachung aufzustellen und verlangte zudem Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO. Im Rahmen einer Kostenentscheidung hatte das Gericht zu beurteilen, ob ein Wohnungseigentümer einer Gemeinschaft nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes überhaupt befugt ist, einzeln DSGVO-Ansprüche geltend zu machen.

Das Gericht entschied, dass auch nach der WEG-Reform die Eigentümer Ansprüche auf Unterlassung von Videoaufzeichnungen und damit verbundene Schadensersatzansprüche individuell geltend machen können.

"Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts war keinesfalls sicher, dass die Klage unzulässig war. Zutreffend ist allerdings, dass nach dem insoweit maßgeblichen reformierten Wohnungseigentumsgesetz die Wohnungseigentümer Abwehransprüche aus § 1004 BGB bezüglich des gemeinschaftlichen Eigentums nicht mehr geltend machen können und der Abwehranspruch aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG bei der Gemeinschaft liegt (...).

Um derartige Ansprüche geht es der Klägerin vorliegend bei einer sachgerechten Auslegung der Klageanträge allerdings nicht. Die Klägerin erstrebt mit der Klage eine Unterlassung der Aufnahme von Videos durch eine Überwachungsanlage, die den Eingangsbereich ihrer Wohnung betrifft, bzw. die Beseitigung eines derartigen Überwachungsdrucks durch die Beklagten. Der Kern der Ansprüche betrifft ausweislich der Klage das Unterlassen des Fertigens von Videos von ihr, welche sie beim Betreten und Verlassen der Wohnung und dem Aufenthalt im Flur zeigen. Derartige Ansprüche, die sich als deliktische Ansprüche aus § 823 BGB i.V.m. dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder aus der DSGVO ergeben, sind keine Ansprüche, die nach § 9a Abs. 2 WEG der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Ausübung übertragen sind. Denn diese Ansprüche ergeben sich nicht aus dem gemeinschaftlichen Eigentum und sind auch keine solchen, die ihre Rechtsgrundlage in dem Verhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft haben. Vielmehr sind dies Individualansprüche der durch die Aufnahmen Beeinträchtigten. Dass diese zugleich Wohnungseigentümer sind, führt nicht dazu, dass insoweit die GdWE diese Rechte geltend machen muss. Insoweit liegt auch primär keine Verletzung des Binnenrechtes vor, sondern nach dem insoweit für die Zulässigkeit maßgeblichen Vortrag der Klägerin wird diese in den ihr zustehenden individuellen Rechten durch die Beklagten beeinträchtigt (...).

Gleiches gilt für den Schmerzensgeldanspruch bzw. den Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DS-GVO. Auch diese Ansprüche sind individueller Natur und daher ebenso weiterhin von dem Beeinträchtigten geltend zu machen und nicht von der Gemeinschaft."

 LG Frankfurt a.M., Beschluss 10.05.2023 - Az.: 2-13 T 33/23

Der Bundesgerichtshof hat sich mit dem neuen Wohnungseigentumsrecht befasst und entschieden, dass ein Wohnungseigentümer, der eine in der Gemeinschaftsordnung nicht vorgesehene bauliche Veränderung vornehmen will, einen Gestattungsbeschluss notfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeiführen muss, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird.

 

Auch wenn ein bestehender Gestattungsanspruch unterstellt wird / werden kann, muss die Gestattung durch Beschluss der Wohnungseigentümer erfolgen. Die vor Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 1. Dezember 2020 umstrittene Frage, ob bauliche Veränderungen eines Beschlusses bedürfen, hat der Gesetzgeber in Kenntnis dieses Streits nunmehr eindeutig entschieden, um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden und die vielfältigen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit baulichen Veränderungen zu beseitigen. Danach bedarf jede von einem einzelnen Wohnungseigentümer beabsichtigte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums eines legitimierenden Beschlusses, auch wenn kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. So wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden.

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Ist bei einer Wohnungseigentumsanlage mit verschiedenen Ausstattungen zur Verbrauchserfassung der anteilige Verbrauch einer oder mehrerer Nutzergruppe(n) entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV aF nicht mit einem separaten Wärmemengenzähler vorerfasst worden, entspricht die Abrechnung der Heizkosten in der Regel dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Ermittlung des Verbrauchs im Wege einer rechnerisch zutreffenden Differenzberechnung unter Berücksichtigung der ermittelten Verbrauchsdaten erfolgt.

 

Sachverhalt

In der Anlage wird der Wärmeverbrauch in den Einheiten zum Teil durch Wärmemengenzähler, zum Teil durch Heizkostenverteiler ermittelt. Wärmemengenzähler erfassen den Wärmeverbrauch mengenmäßig, während Heizkostenverteiler nicht den Wärmeverbrauch messen, sondern den anteiligen Verbrauch im Verhältnis zum Gesamtverbrauch festlegen. Die Anlage verfügt nicht über eine Vorrichtung zur Vorerfassung des anteiligen Gesamtverbrauchs der jeweils gleich ausgestatteten Einheiten. Gegen den Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2016 wurde eine Anfechtungsklage erhoben.

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  1. Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, so wird sie bei einer gegen einzelne Wohnungseigentümer gerichteten Klage durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er den klagenden Verband allein (Fortführung von Senat, Urteil vom 08.07.2022 - V ZR 202/21, IMR 2022, 421).
  2. In einer verwalterlosen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bedarf die Erhebung einer gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer gerichteten Klage auf anteilige Zahlung einer beschlossenen Sonderumlage keiner auf die Klageerhebung bezogenen Beschlussfassung.
  3. Erhebt der Verwalter im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer, sind Beschränkungen seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis, die die Befugnis zur Klageerhebung betreffen, jedenfalls im Grundsatz nicht zu überprüfen.

BBGH, Urteil vom 16.09.2022 - V ZR 180/21

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